Der Bundesrat hat am 12.5.2017 dem Zweiten Bürokratieentlastungsgesetz zugestimmt. Damit wird u. a. – rückwirkend zum 1.1.2017 – die Grenze für Kleinbetragsrechnungen auf 250 € (brutto) erhöht.
Hintergrund: Ein Schwerpunkt des Gesetzes ist der Abbau bürokratischer Vorschriften im Steuerrecht. Ein zweiter Schwerpunkt liegt auf dem Thema Digitalisierung.
Die wesentlichen steuerlichen Maßnahmen im Einzelnen:
Hinweis: Kleinbetragsrechnungen müssen folgende Pflichtangaben enthalten: den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers, das Ausstellungsdatum, die Menge und Art der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung und das Entgelt und den darauf entfallenden Steuerbetrag für die Lieferung oder sonstige Leistung in einer Summe sowie den anzuwendenden Steuersatz oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt.
Hinweis: Die Anhebung der Wertgrenze für die Auszeichnungspflichten bei der Sofortabschreibung von 150 € auf 250 € ist erstmals bei Wirtschaftsgütern anzuwenden, die nach dem 31.12.2017 angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt werden. Alle anderen o. g. Regelungen treten rückwirkend zum 1.1.2017 in Kraft.
Ein Unternehmer, der zwei Praxen unterhält, kann auch ein häusliches Arbeitszimmer steuerlich geltend machen, wenn er in keiner der beiden Praxen seine Verwaltungsarbeiten erledigen kann, weil er beispielsweise vertrauliche Akten bearbeiten muss, die seine Mitarbeiter nicht sehen dürfen.
Hintergrund: Die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer sind zum einen nur dann abziehbar, wenn für die berufliche oder betriebliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht; der Abzug ist dann auf 1.250 € beschränkt. Zum anderen ist ein unbeschränkter Abzug der Kosten möglich, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Tätigkeit darstellt. In allen anderen Fällen sind die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer nicht absetzbar.
Streitfall: Der Kläger war Logopäde und unterhielt zwei Praxen mit mehreren Angestellten. In den Praxen befanden sich ausschließlich Behandlungsräume sowie Tische und Schränke mit Patientenunterlagen für die laufenden Behandlungen. Für seine Verwaltungsarbeiten (Lohnabrechnung und Buchführung) nutzte er ein häusliches Arbeitszimmer. Die Kosten hierfür machte er als Betriebsausgaben geltend, die das Finanzamt nicht anerkannte.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt:
Hinweise: Die eigentliche Abwägung, ob ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, wird vom Finanzgericht der ersten Instanz im Rahmen einer Gesamtwürdigung der objektiven Umstände des Einzelfalls durchgeführt. Diese Abwägung hat der BFH im Streitfall nicht beanstandet. Man hätte vorliegend durchaus auch eine andere Würdigung vornehmen können, der der BFH dann wohl ebenfalls gefolgt wäre.
Betroffene sollten daher die Umstände, die gegen eine zumutbare Nutzung der Praxisräume als Arbeitszimmer sprechen, sorgfältig dokumentieren, damit diese notfalls, wenn es zum Streit kommt, glaubhaft vorgetragen werden können.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hält die Regelung zum Verlustuntergang bei Kapitalgesellschaften bei Anteilsübertragungen von mehr als 25 % und bis 50 % für verfassungswidrig und hat den Gesetzgeber zu einer rückwirkenden Neuregelung unter Fristsetzung zum 31.12.2018 aufgefordert.
Hintergrund: Der Verlustvortrag einer Kapitalgesellschaft geht nach dem Gesetz teilweise unter, wenn mehr als 25 % und bis zu 50 % der Anteile innerhalb von fünf Jahren an einen Erwerber übertragen werden (sog. Mantelkauf). Der insoweit untergegangene Verlust kann dann nicht mehr zur Verrechnung mit künftigen Gewinnen genutzt werden. Im Jahr 2011 hat das Finanzgericht Hamburg (FG) das BVerfG angerufen, weil es die gesetzliche Regelung für verfassungswidrig hält.
Streitfall: Die Klägerin war eine GmbH, an der zwei Gesellschafter beteiligt waren. Sie verfügte zum 31.12.2007 über einen Verlustvortrag von ca. 600.000 €. Im Januar 2008 übertrug einer der beiden Gesellschafter seine Beteiligung im Umfang von 48 % auf D. Das Finanzamt kürzte daraufhin den Verlustvortrag um 48 %. Das FG hielt die gesetzliche Regelung über den Verlustuntergang für verfassungswidrig und rief das BVerfG an.
Entscheidung: Das BVerfG folgte der Auffassung der Hamburger Finanzrichter:
Hinweise: Das BVerfG hält die Regelung in der bis zum 31.12.2015 bestehenden Fassung für verfassungswidrig, soweit sie Anteilsübertragungen von mehr als 25 % bis zu 50 % betrifft. Der Gesetzgeber muss nun eine rückwirkende Neuregelung für den Zeitraum vom 1.1.2008 bis 31.12.2015 treffen und hat dafür bis zum 31.12.2018 Zeit. Unterbleibt eine Neuregelung, wird das Gesetz am 1.1.2019 rückwirkend zum 1.1.2008 nichtig; die Verluste gehen dann nicht unter, soweit die Bescheide angefochten worden sind oder noch verfahrensrechtlich offen sind.
Nicht unmittelbar von der Entscheidung des BVerfG betroffen ist die Verlustuntergangsregelung für Anteilsübertragungen von mehr als 50 %. Hier geht der Verlust nach dem Gesetz vollständig unter. Ob diese Regelung ebenfalls verfassungswidrig ist, musste das BVerfG nicht entscheiden.
Ab dem 1.1.2016 hat der Gesetzgeber den gesetzlichen Verlustuntergang durch eine neue Vorschrift eingeschränkt, wenn der Betrieb der Kapitalgesellschaft nach der Anteilsübertragung fortgeführt und nicht eingestellt oder verändert wird (lesen Sie hierzu unsere Mandanten-Information 2/2017). Zur Verfassungsmäßigkeit der neuen Rechtslage hat sich das BVerfG nicht geäußert.
Die gesetzliche Begrenzung der Kosten einer doppelten Haushaltsführung auf 1.000 € pro Monat gilt nur für die Miete der Zweitwohnung, nicht aber für deren Einrichtung. Diese Kosten sind unbeschränkt abziehbar, soweit sie angemessen sind. Dies hat das Finanzgericht Düsseldorf kürzlich in erster Instanz entschieden.
Hintergrund: Bei einer doppelten Haushaltsführung können u. a. die Kosten für die Zweitwohnung steuerlich abgesetzt werden. Der Gesetzgeber hat allerdings ab 2014 den Abzug der Kosten für die Nutzung der Zweitwohnung auf monatlich 1.000 € beschränkt.
Streitfall: Der Kläger machte ab Mai 2014 eine doppelte Haushaltsführung geltend. Die Miete für die Zweitwohnung betrug für acht Monate ca. 6.800 €, die Kosten für die Einrichtung der Wohnung beliefen sich auf rund 3.000 €. Das Finanzamt erkannte insgesamt lediglich 8.000 € an, nämlich den monatlichen Höchstbetrag von 1.000 € für acht Monate (ab Mai 2014).
Entscheidung: Das Finanzgericht Düsseldorf berücksichtigte auch den verbliebenen Betrag von 1.800 € und gab der Klage statt:
Hinweise: Das FG widerspricht der Auffassung der Finanzverwaltung, die die Kosten für die Einrichtung ebenso wie die eigentliche Miete (inklusive Betriebskosten, Kosten der laufenden Reinigung, AfA für notwendige Einrichtungsgegenstände, Zweitwohnungsteuer, Rundfunkbeitrag, Garagenmiete, Gartennutzung) nur bis zum Höchstbetrag von monatlich 1.000 € anerkennen will. Eine endgültige Entscheidung in der Sache steht noch aus, die Finanzverwaltung hat Revision gegen das Urteil eingelegt. Betroffene sollten daher – neben der Miete – auch alle anderen Aufwendungen für die Wohnung als Werbungskosten geltend machen. Sofern diese nicht anerkannt werden, sollten sie Einspruch einlegen und das Ruhen des Verfahrens beantragen.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat seine Rechtsprechung geändert und die Berechnung der zumutbaren Belastung zugunsten der Steuerpflichtigen neu geregelt. Danach wird die zumutbare Belastung nur noch gestaffelt berechnet und nicht mehr nach dem Prozentsatz, der sich für den Gesamtbetrag der Einkünfte ergibt.
Hintergrund: Außergewöhnliche Belastungen, wie z. B. Krankheitskosten, sind zwar steuerlich absetzbar. Der Gesetzgeber zieht aber von den außergewöhnlichen Belastungen eine sog. zumutbare Belastung ab, deren Höhe sich nach dem Gesamtbetrag der Einkünfte und nach dem Familienstand einschließlich der Anzahl der Kinder richtet. Der Gesamtbetrag der Einkünfte wird dabei in drei Stufen unterteilt: Bei einem verheirateten Steuerpflichtigen mit einem oder zwei Kindern werden von einem Gesamtbetrag der Einkünfte bis 15.340 € 2 % der Einkünfte als zumutbare Belastung von den Krankheitskosten abgezogen, bei einem Gesamtbetrag der Einkünfte über 15.340 € bis 51.130 € werden 3 % der Einkünfte und bei einem Gesamtbetrag der Einkünfte über 51.130 € werden 4 % der Einkünfte von den Krankheitskosten abgezogen.
Streitfall: Der Kläger war verheiratet, hatte zwei Kinder und musste im Streitjahr 2006 Krankheitskosten in Höhe von 4.148 € zahlen. Seine gesamten Einkünfte betrugen 51.835 €. Da der Gesamtbetrag der Einkünfte höher war als der Betrag der 3. Stufe der zumutbaren Belastung (51.130 €), zog das Finanzamt 4 % von 51.835 €, d. h. 2.073 €, von den Krankheitskosten ab. Damit konnte der Kläger lediglich 2.075 € (4.148 € abzüglich 2.073 €) als außergewöhnliche Belastungen abziehen. Gegen diese Berechnung ging der Kläger vor.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt:
Hinweise: Im Streitfall ergab sich damit angesichts eines Gesamtbetrags der Einkünfte von 51.835 € folgende zumutbare Belastung:
Insgesamt ergab dies eine zumutbare Belastung von 1.408,70 € (306,80 € + 1.073,70 € + 28,20 €). Das Finanzamt hatte hingegen 4 % von 51.835 € angesetzt, mithin 2.073,40 €, so dass sich nun eine Erhöhung der außergewöhnlichen Belastungen von 664,70 € ergibt.Der BFH ändert mit diesem Urteil seine langjährige Rechtsprechung und widerspricht zugleich der Auffassung der Finanzverwaltung. Aufgrund der neuen Staffelung ergeben sich höhere außergewöhnliche Belastungen, wenn der Gesamtbetrag der Einkünfte über 15.340 € liegt.
Behält ein umsatzsteuerpflichtiger Vermieter die Mietkaution ein, nachdem er den Mietvertrag wegen Vertragsverletzungen des Mieters fristlos kündigen musste, ist die Kaution nicht umsatzsteuerbar, wenn damit der Schadensersatz aus der Neuvermietung zu schlechteren Konditionen geltend gemacht wird.
Hintergrund: Echter Schadensersatz unterliegt nicht der Umsatzsteuer. Es handelt sich dabei nämlich nicht um ein Entgelt für eine Leistung oder Lieferung.
Streitfall: Die Klägerin hatte umsatzsteuerpflichtig Büroräume an die D-GmbH vermietet. Der Mietvertrag sollte bis 2012 laufen. Im September 2006 stellte die D-GmbH ihre Mietzahlungen ein und teilte der Klägerin mit, dass sie den Mietvertrag nicht mehr erfüllen wolle. Die Klägerin kündigte daraufhin fristlos zum April 2007 und klagte die Miete bis April 2007 ein. Sie vermietete die Geschäftsräume anschließend an einen neuen Mieter, erhielt aber eine niedrigere Miete. Als Ausgleich für diesen Mietausfall behielt die Klägerin die Mietkaution in Höhe von ca. 470.000 € ein. Das Finanzamt unterwarf diesen Betrag der Umsatzsteuer.
Entscheidung: Das Finanzgericht München (FG) gab der hiergegen gerichteten Klage statt: