Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hält eine rückwirkende Berichtigung fehlerhafter Rechnungen für möglich. Damit können fehlerhafte Eingangsrechnungen noch während einer Außenprüfung berichtigt werden, ohne dass es zu einer Zinsbelastung kommt.
Hintergrund: Der Vorsteuerabzug setzt eine ordnungsgemäße Rechnung voraus. Ist die Rechnung fehlerhaft oder unvollständig, kann sie berichtigt werden. Nach Auffassung der Finanzverwaltung wirkt die Berichtigung aber nicht zurück. Es droht deshalb eine Verzinsung der Umsatzsteuernachzahlung für das Jahr, in dem der Vorsteuerabzug zunächst geltend gemacht worden war.
Sachverhalt: Der Kläger war Unternehmer und machte u. a. im Jahr 2011 die Vorsteuer aus Eingangsrechnungen geltend, in denen die Umsatzsteuer-ID des leistenden Unternehmers fehlte. Im Rahmen einer Außenprüfung beanstandete das Finanzamt die Rechnungen. Der Kläger ließ daraufhin noch während der Außenprüfung im Jahr 2013 einen Teil der Eingangsrechnungen berichtigen und legte diese dem Außenprüfer vor; die restlichen beanstandeten Rechnungen ließ er im Jahr 2014 im anschließenden Einspruchsverfahren gegen den Umsatzsteueränderungsbescheid berichtigen. Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug für 2011. Das Finanzgericht rief den EuGH an.
Entscheidung: Der EuGH hält eine rückwirkende Berichtigung der Rechnung und damit einen rückwirkenden Vorsteuerabzug für zulässig:
Hinweise: Somit kann künftig eine Berichtigung fehlerhafter Rechnungen noch während der Außenprüfung vorgenommen werden, nachdem der Prüfer die Ordnungsmäßigkeit einzelner Rechnungen beanstandet hat.
Dennoch gilt: Fallen Fehler in den Eingangsrechnungen auf, sollte die Berichtigung durch den Rechnungsaussteller so schnell wie möglich veranlasst werden. Wartet man zu lange, kann eine Berichtigung, z. B. wegen Insolvenz des leistenden Unternehmers, unmöglich werden.
In einer weiteren Entscheidung machte der EuGH deutlich, dass der Vorsteuerabzug nicht allein aufgrund formaler Mängel der Rechnung versagt werden kann, z. B. weil hier die Leistung nicht genau genug beschrieben worden ist. Dies gilt zumindest in Fällen, in denen die Finanzverwaltung anhand weiterer Unterlagen selbst prüfen kann, ob das Recht zum Vorsteuerabzug besteht. Um Streitigkeiten von vornherein zu vermeiden, sollten Rechnungen dennoch sämtliche formale Anforderungen erfüllen.
Ein Investitionsabzugsbetrag kann auch noch nach einer Außenprüfung für ein bereits angeschafftes Wirtschaftsgut gebildet werden, um ein Mehrergebnis aufgrund der Außenprüfung zu kompensieren. Der Unternehmer muss allerdings nach der bis einschließlich 2015 geltenden Rechtslage bereits am Bilanzstichtag die Absicht gehabt haben, die Investition durchzuführen. Dies haben jetzt zwei Senate des Bundesfinanzhofs (BFH) in zwei verschiedenen Fällen entschieden.
Hintergrund: Bestimmte Unternehmen können für künftige Investitionen einen gewinnmindernden Investitionsabzugsbetrag in Höhe von 40 % der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten bilden, maximal 200.000 € pro Betrieb. Die Investition muss innerhalb von drei Jahren durchgeführt werden. Bis einschließlich 2015 war zudem erforderlich, dass der Unternehmer am Bilanzstichtag die Absicht hat, die Investition innerhalb von drei Jahren durchzuführen und das Wirtschaftsgut in seinem Betrieb zu nutzen.
Streitfälle: In dem vom IV. Senat des BFH entschiedenen Fall hatte das Finanzamt im Jahr 2012 eine Außenprüfung für die Veranlagungszeiträume (VZ) 2007 bis 2009 durchgeführt und ein Mehrergebnis festgestellt. Der Kläger bildete daraufhin im Jahr 2012 für den VZ 2010 einen Investitionsabzugsbetrag für die Anschaffung eines Schleppers, den er im Jahr 2011 angeschafft hatte.
In dem vom I. Senat entschiedenen Fall hatte das Finanzamt eine Außenprüfung für den VZ 2007 durchgeführt, die zu Mehrergebnissen geführt hatte. Das Finanzamt änderte daraufhin im Jahr 2010 den Steuerbescheid für 2007 entsprechend. Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein und machte noch im Jahr 2010 einen Investitionsabzugsbetrag für 2007 für einen Anfang 2010 angeschafften Lkw geltend. In beiden Fällen erkannte das Finanzamt die nachträgliche Bildung des Investitionsabzugsbetrags nicht an.
Entscheidungen: Der I. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) gab der Klage statt, während der IV. Senat die Sache an das Finanzgericht (FG) zur Prüfung der Investitionsabsicht zurückverwies:
Hinweise: Der BFH widerspricht damit der Auffassung der Finanzverwaltung, die die nachträgliche Bildung eines Investitionsabzugsbetrags zur Kompensation eines Mehrergebnisses aufgrund einer Außenprüfung nicht akzeptiert. Die beiden Senate des BFH unterscheiden hinsichtlich der Prüfung der Investitionsabsicht. Der I. Senat bejahte eine Investitionsabsicht zum 31. 12. 2007, dem streitigen Bilanzstichtag. Dabei stützte sich der I. Senat insbesondere auf die Begründung des FG, das u. a. das Alter des ersetzten Lkw als Indiz für die Investitionsabsicht herangezogen hatte. Der IV. Senat hingegen verwies die Sache an das FG zurück, das nun die Investitionsabsicht zum 31. 12. 2010 prüfen muss. Zwar hatte der Unternehmer den Schlepper tatsächlich im Jahr 2011 angeschafft; nach Auffassung des IV. Senats des BFH kann dies aber nur ein Indiz für eine Investitionsabsicht sein.
Für Wirtschaftsjahre ab 2016 ist für die Bildung eines Investitionsabzugsbetrags eine konkrete Investitionsabsicht nicht mehr erforderlich. Auch müssen die Funktion des anzuschaffenden oder herzustellenden Wirtschaftsguts sowie die Höhe der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten nicht mehr genannt werden. Dies erleichtert die nachträgliche Bildung ab 2016.
In einer weiteren Entscheidung zum Investitionsabzugsbetrag hat der BFH klargestellt, dass ein Unternehmer einen Investitionsabzugsbetrag auch dann noch bilden kann, wenn bereits feststeht, dass der Betrieb unentgeltlich über-tragen werden soll. Diese Fallkonstellation betrifft. z. B. die Übergabe des Unternehmens an das eigene Kind. Voraussetzung ist dem BFH zufolge allerdings, dass der Unternehmer ohne die Betriebsübertragung die Investition selbst durchgeführt hätte und er erwarten konnte, dass der Betriebsübernehmer die Investition durchführen wird. Diese Entscheidung ist auf die unentgeltliche Betriebsübertragung beschränkt. Die Bildung eines Investitionsab-zugsbetrags ist nicht mehr möglich, wenn der Betrieb bereits verkauft oder aufgegeben worden ist.
Eine am 8. 1. 2015 gezahlte Umsatzsteuervorauszahlung für Dezember 2014 ist bei der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung im Jahr 2014 absetzbar, weil es sich um eine regelmäßig wiederkehrende Ausgabe handelt, die innerhalb der ersten zehn Tage des Folgejahres 2015 gezahlt worden ist und die auch am Samstag, dem 10. 1. 2015, fällig war. Die Fälligkeit verschiebt sich nicht etwa auf Montag, den 12. 1. 2015.
Hintergrund: Grundsätzlich gilt bei der Einnahmen-Überschussrechnung das Zufluss- und Abflussprinzip. Die Umsatzsteuer wird also im Zeitpunkt ihrer Zahlung als Betriebsausgabe berücksichtigt. Nach dem Gesetz werden aber sog. regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, die innerhalb der ersten zehn Tage des neuen Jahres geleistet werden und wirtschaftlich das Vorjahr betreffen, im Vorjahr steuerlich abgezogen. Dieser Grundsatz gilt auch für Umsatzsteuervorauszahlungen.
Sachverhalt: Die Klägerin war Unternehmerin und ermittelte ihren Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung. Sie bezahlte ihre Umsatzsteuervorauszahlung für Dezember 2014 am 8. 1. 2015 und machte die Zahlung für das Jahr 2014 als Betriebsausgabe geltend. Das Finanzamt erkannte die Zahlung lediglich als Betriebsausgabe des Jahres 2015 an, weil die Umsatzsteuervorauszahlung erst am Montag, dem 12. 1. 2015, fällig gewesen sei; denn der eigentliche Fälligkeitstag, der 10. 1. 2015, war ein Samstag.
Entscheidung: Das Thüringer Finanzgericht (FG) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:
Hinweise: Dem FG zufolge ist der Fälligkeitstag für die Umsatzsteuervorauszahlung Dezember stets der 10. 1. des Folgejahres, auch wenn es sich hierbei um einen Samstag oder Sonntag handelt. Für den Abzug der Umsatzsteuervo-rauszahlung im Vorjahr ist also lediglich erforderlich, dass die Zahlung bis zum 10. 1. erfolgt.
Die Entscheidung ist auch für den Betriebsausgabenabzug 2015 für eine 2016 geleistete Zahlung relevant. Denn im Jahr 2016 fiel der 10. 1. auf einen Sonntag. Gegen das Urteil ist Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt worden. Bis zu einer Entscheidung des BFH sollten abschlägige Bescheide offen gehalten werden.
Die Kosten für ein Dienstjubiläum sind als Werbungskosten abziehbar, wenn der Arbeitnehmer alle Kollegen eingeladen hat und die Feier in den Diensträumen während der Arbeitszeit stattfindet.
Hintergrund: Beruflich veranlasste Kosten sind absetzbar. Besteht sowohl ein beruflicher als auch ein privater Zusammenhang, spricht man von einer gemischten Veranlassung; die Kosten können dann nach einer Grundsatzent-scheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) im Jahr 2009 anteilig abgesetzt werden, soweit sie beruflich veranlasst sind und sich der beruflich veranlasste Kostenanteil zutreffend und leicht nachprüfbar ermitteln lässt.
Streitfall: Der Kläger war Beamter und feierte sein 40-jähriges Dienstjubiläum. Er lud alle Kollegen zu einer Feier im Sozialraum seiner Behörde in der Zeit von 11 bis 13 Uhr ein. Er machte die Kosten von ca. 800 € für Häppchen, Wein und Sekt für 50 Gäste als Werbungskosten geltend, die das Finanzamt nicht anerkannte.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:
Hinweise: Bereits im vergangenen Jahr hat der BFH die Kosten für eine Feier, mit der zum einen das Bestehen einer beruflichen Prüfung und zum anderen ein runder Geburtstag gefeiert wurde, anteilig steuerlich anerkannt (lesen Sie hierzu auch unsere Mandanten-Information 1/2016). Soweit zu einer beruflichen Feier auch Freunde eingeladen werden, sind die auf sie entfallenden Kosten nicht absetzbar. Dabei ist zu beachten, dass auch Kollegen zu der Gruppe der Freunde zählen können, wenn nämlich nur einzelne Kollegen eingeladen werden. Lädt der Arbeitnehmer hingegen die Kollegen nach abstrakten berufsbezogenen Kriterien ein (Zugehörigkeit zu einer Abteilung oder aufgrund einer bestimmten Funktion), spricht dies für eine berufliche Veranlassung.
Der Sonderausgabenabzug für Krankenversicherungsbeiträge wird nicht durch Zuschüsse der Krankenkasse gemindert, die diese im Rahmen eines Bonusprogramms für zusätzliche Gesundheitsaufwendungen gewährt. Derartige Zuschüsse mindern nämlich nicht die Beitragslast.
Hintergrund: Die Beiträge für eine Krankenversicherung sind als Sonderausgaben abziehbar, soweit es um die sog. Basisabsicherung geht.
Sachverhalt: Der Kläger war bei der BKK krankenversichert. Die BKK bot ein Bonusmodell an, wenn der Versicherte bestimmte kostenfreie Vorsorgeuntersuchungen durchführen ließ: Der Versicherte erhielt dann einen Zuschuss von 150 € für zusätzliche kostenpflichtige Gesundheitsmaßnahmen wie z. B. Brillen, Massagen etc., die er selbst zahlen musste. Der Kläger erhielt im Streitjahr einen solchen Zuschuss, den die BKK als Beitragsrückerstattung auswies. Das Finanzamt kürzte den Abzug der Krankenversicherungsbeiträge als Sonderausgaben um 150 €.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:
Hinweise: Der BFH widerspricht der Auffassung der Finanzverwaltung und stellt klar, dass der Zuschuss auch nicht als Einnahme versteuert werden muss.
Eine klassische Beitragsrückerstattung ist hingegen von den Sonderausgaben des Jahres, in dem die Beitragsrück-erstattung ausgezahlt wird, abzuziehen. Unbeachtlich war im Streitfall, dass die BKK den Zuschuss als Beitragsrück-erstattung ausgewiesen hatte.
Ob eine mit einem nahen Angehörigen vereinbarte Miete ortsüblich ist, richtet sich nach der ortsüblichen Warmmiete und nicht nach der ortsüblichen Kaltmiete. Beträgt die vereinbarte Warmmiete weniger als 66 % der ortsüblichen Warmmiete, wird ein Verlust aus Vermietung und Verpachtung nur teilweise anerkannt.
Hintergrund: Bei Mietverträgen mit nahen Angehörigen ist zu prüfen, ob der Mietvertrag einem sog. Fremdvergleich standhält und insbesondere die vereinbarte Miete fremdüblich ist. Der Gesetzgeber fordert insoweit aber nur eine Miethöhe von mindestens 66 % der ortsüblichen Miete. Beträgt die vereinbarte Miete weniger als 66 % der ortsüb-lichen Miete, so ist die Vermietung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen; der aus der unentgeltlichen Vermietung resultierende Verlust wird dann nicht anerkannt.
Streitfall: Der Kläger vermietete eine Wohnung an seine Mutter und vereinbarte eine Kaltmiete von ca. 2.900 € jährlich sowie Betriebskosten von ca. 1.800 €. Das Finanzamt ging von einer ortsüblichen Kaltmiete von ca. 4.600 € aus, so dass die vereinbarte Miete nur 63 % der ortsüblichen Miete betrug (2.900 : 4.600). Es erkannte daher einen Teil des geltend gemachten Verlustes nicht an. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab, und der Fall kam zum Bun-desfinanzhof (BFH).
Entscheidung: Der BFH hob das Urteil des FG auf und verwies die Sache an das FG zurück:
Hinweise: Bei der Ermittlung der ortsüblichen Warmmiete müssen Wohnungen vergleichbarer Art, Lage und Ausstat-tung herangezogen werden. Im Übrigen muss auch geprüft werden, ob der Mietvertrag tatsächlich durchgeführt wurde und insbesondere die Miete gezahlt und die Betriebskosten abgerechnet und gezahlt wurden.